Vergangene Woche, am 6. Januar, durften die Stuttgart-Dolmetscher eine Stunde lang das Musikprogramm beim Radiosender SWR3 bestimmen – eine akustische Urlaubsreise und ein gelungener musikalischer Start ins neue Jahr. Aber wie kam es dazu? Das ging eigentlich alles ganz schnell…

Als ich am 5. Januar in meiner Küche beim Kochen SWR3 hörte, rief Moderator Sebastian Müller gerade Firmen und Solo-Selbständige, die von den Corona-Einschränkungen betroffen sind, dazu auf, sich beim Sender zu melden, falls sie eine Stunde Musikprogramm gestalten und ein wenig aus ihrer Branche berichten möchten. Zwar hatte ich von der Aktion schon öfter gehört, aber diesmal dachte ich plötzlich, das wäre doch auch was für uns! Sofort berichtete ich meinen Kolleginnen von der Idee und alle waren direkt mit an Bord.

Ich schrieb also eine Mail ins Studio und erzählte kurz von unserem Netzwerk, unserer Branche und der aktuellen Lage aufgrund der Pandemie. Die Spannung stieg – würden sie wirklich uns für die Sendung auswählen? Eine Stunde später erhielt ich einen Anruf von einer Nummer aus Baden-Baden und ging schon mit einem breiten Grinsen ans Handy. Es war Musikredakteur Dirk Scherer: Wir waren dabei, und zwar schon am nächsten Tag! Sofort gab ich meinen Kolleginnen Bescheid, die es wie ich kaum fassen konnten und sich nun gleich dran machten, sich Musikwünsche für die Show zu überlegen. Uns wurde bei der Musikauswahl völlig freie Hand gelassen und ich hatte ein sehr internationales Musikprogramm versprochen – es sollte ja schließlich zu uns und unserem Beruf passen.

Nun hieß es aber nicht nur eine Playlist zu erstellen, sondern auch noch meine Nerven in den Griff zu bekommen, da ich am nächsten Tag für die Sendung interviewt werden sollte. Als Dolmetscher sind wir es zwar gewöhnt, dass uns hunderte von Menschen zuhören oder wir auch mal live im Internet gestreamt werden, aber so ein breites Publikum hatte ich bis dahin mit meiner Stimme noch nicht erreicht, geschweige denn ein Interview gegeben. Dass ich gerade nebenbei eine Sprecherausbildung mache, steigerte den Druck irgendwie noch weiter, da ich es deshalb natürlich besonders gut machen wollte. Ich bekam in dieser Nacht also nicht allzu viel Schlaf ab, aber ich freute mich auf unsere Stunde Radio.

Nach ein paar letzten Änderungen am Musikprogramm am nächsten Morgen – unsere Auswahl war scheinbar teilweise doch ein wenig zu exotisch, sodass gar nicht alle Lieder beim Sender vorlagen – ging es los. Und genau wie in der Dolmetschkabine war die Aufregung sofort verschwunden, als ich begann, mit Moderator Basti Müller zu plaudern. Dieser hatte sich sehr viel besser auf uns und unsere Branche vorbereitet, als ich erwartet hatte, und machte sich gegen Ende des Gesprächs sogar den Spaß, mich einem kleinen Fachvokabeltest zu unterziehen. Die SWR3-Hörer bekamen dadurch jedoch einen guten Einblick in unseren Beruf, der bis dahin vielen wahrscheinlich eher unbekannt war. Wir freuten uns also sehr, dass wir dank der tollen Aktion von SWR3 ein bisschen mehr Licht auf unsere kleine Branche werfen durften.

Ein paar Tage später sind wir Stuttgart-Dolmetscher, glaube ich, alle noch immer ein wenig beseelt von dieser schönen Aktion zum Jahresbeginn. Mich jedenfalls hat sie mit neuer Motivation erfüllt. Ich freue mich auf ein Jahr, in dem es beruflich wieder schneller bergauf geht, in dem ich meine Stimme vielleicht auch in einem neuen Berufszweig – dem Studiosprechen – ausprobieren darf, und vor allem freue ich mich auf Dolmetschkabinen, Kolleginnen und Kollegen und Events, die vielleicht gegen Ende des Jahres ja sogar wieder als Präsenzveranstaltungen stattfinden dürfen. Wir drücken allen Dolmetscherinnen und Dolmetschern und der gesamten Veranstaltungsindustrie fest die Daumen.

Und für alle, die es interessiert, gibt es hier noch unsere Playlist:

  • Ojos así – Shakira
  • Ring of Fire – Johnny Cash and The Tennessee Three
  • La voglia che non vorrei – Nek
  • The road to Mandalay – Robbie Williams
  • Agua – Jarabe de Palo
  • Time after time – Eva Cassidy
  • Come musica – Jovanotti
  • Living in the moment – Jason Mraz
  • Baila – Zucchero
  • What I got – Sublime
  • Rotolando Verso Sud – Negrita
  • Entre dos tierras – Héroes del Silencio